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Studie „Risiko Altersarmut: subjektive Wahrnehmung und persönliche Absicherung potentiell betroffener MitbürgerInnen“

11 Mai 2022

Gegenstand:

Das Forschungsvorhaben visiert eine hoch aktuelle und relevante gesellschaftspolitische Frage an. Anhand eines begrenzten und dennoch exemplarischen empirischen Forschungsansatzes wird nach Möglichkeiten und Grenzen der Teilhabe Aller an der sozialstaatlichen Alterssicherung gefragt. Im Fokus steht eine Bevölkerungsgruppe, deren Rentenansprüche beim Eintritt ins Rentenalter Lücken aufweisen könnten. Hiervon sind u.a. MitbürgerInnen mit niedrigem Bildungs- und Ausbildungsstand, Geringverdiener („working poor“), Hartz-IV-BezieherInnen und ganz besonders auch alleinerziehende Mütter mit unterbrochenen Erwerbsbiographien weit überproportional betroffen.

Die Heterogenität dieser Population mit ganz unterschiedlichen soziodemografischen Profilen und je anderen biografischen Hintergründen lässt keine Passepartout-Diagnose oder gar Pauschallösung dieser sozialen Frage zu.

Will man ein gesellschaftspolitisches Problembewusstsein in der Frage der sozial gerechten Teilhabe an der Alterssicherung anregen, so empfiehlt sich ein Vorgehen, bei dem Bevölkerungsgruppen mit einem hohen Maß an gesellschaftlicher Legitimität in den Fokus genommen werden, u.a. MitbürgerInnen, bei denen trotz einer oft lebenslangen Erwerbsarbeit, man denke etwa an die sogenannten „working poor“, oder der familienbedingten Lücken bei der Beitragszahlung zur Rentenversicherung statistisch signifikant das Risiko der Altersarmut droht.

Untersuchung in der Altenpflege:

Um diese oben beschriebene Risikosituation untersuchen zu können, beschäftigen wir uns vertieft mit einer solchen Berufsgruppe, um eine mögliche Risiko-Betroffenheit zu identifizieren und deren spezifische Ursachen zu analysieren. Da weit überdurchschnittlich viele weibliche Mitarbeiter in der Altenpflege beschäftigt sind, (83% im Jahr 2020*), kennen diese vermehrt familienbedingte oder andere beitragsfreie bzw. Ausfallzeiten bei der Rentenversicherung. Hinzu kommt oft auch eine dauerhafte familienbedingte Teilzeitbeschäftigung. Das Risiko „Altersarmut“ scheint also ausgerechnet bei einem Teil der im Verlauf der Corona-Krise als systemrelevant angesehenen und im öffentlichen Bewusstsein als moralische Instanz angesehenen Erwerbsgruppe aufzutreten, was sie deshalb forschungsstrategisch gesehen für unsere Frage als besonders exemplarische Zielgruppe zu prädestinieren scheint. Der Median-Bruttolohn in 2019 betrug für vollzeitbeschäftigte Spezialisten und Experten der Altenpflege 3.058 bzw. 3.034 Euro im Monat und für helfende Pflegetätigkeiten 2.146 Euro, wobei letztere 48% aller Pflegekräfte in der Altenpflege ausmachen (im Vergleich dazu machen Helfer in der Krankenpflege nur 16% aller Arbeitskräfte aus)*. Ausgehend von diesen quantitativen Fakten ist es somit umso interessanter zu eruieren, ob, und wenn ja, welche Vorsorgemöglichkeiten Pflegekräften zuzr Vefügung stehen und welche sie konkret nutzen?

Angewandte empirische Sozialforschung:

Unsere Forschung gliedert sich in folgende Arbeitsschritte:

  • Erhebung und Analyse des thematisch einschlägigen Forschungsstands
  • Eine qualitative empirische Feldforschung mittels ausführlicher verstehender Interviews mit ProbandInnen aus einem Pflegeheim in Hamburg. Es geht um die jeweils subjektiven Wahrnehmungen und Beurteilungen der eigenen Altersvorsorge und Vorkehrungen im Alter einzuschätzen und die schon getroffenen oder geplanten Maßnahmen zu erfragen.
  • Darüberhinaus werden Interviews mit Führungskräften der Pflegeeinrichtungen, Geschäftsführer von Pflegeheimen und wirtschaftlich verantwortlicher Vorstände/Geschäftsführer von großer Pflegeeinrichtungen geführt.
  • Abschlussbericht mit den gewonnenen Erkenntnissen und den Grundlagen für eine weiter- und tiefergehende Anschlussforschung.

Die verstehenden Interviews sind leitfadengestützt und werden die Gespräche auf dieser Grundlage so lenken, dass möglichst alle forschungsrelevanten Themen angesprochen werden.

Hierzu zählt u.a. die Frage, inwieweit sich die Befragten überhaupt der Höhe ihrer zu erwartenden Rentenansprüche bewusst sind, woher sie ihre Informationen beziehen, inwieweit sie mit berufsverändernden Eventualitäten rechnen, man denke etwa an einen vorzeitigen Ausstieg aus der Erwerbsbiografie, und welche unterschiedlichen Szenarien sie sich betreffend dieser mehr oder weniger fernen Zukunft ausmalen.

Darüber hinaus lassen die geplanten qualitativen Interviews durch ihre relativ offene Anlage genug Raum, um die Befragten selbst in die Lage zu versetzen, eigene Anliegen und Fragen einzubringen. In forschungsethischer Hinsicht scheint es uns bei diesem Ansatz wichtig, dass hier potentiell Betroffene dieser sozialen Frage selbst zu Wort kommen und sie nicht nur in Form statistisch aggregierter Daten zu „Objekten“ von Forschung und sozialpolitischen Debatten gemacht werden.

Die qualitative Forschung ermöglicht uns komplexe Wirkungszusammenhänge in den Blick zu nehmen, besonders problemrelevante Personengruppen zu identifizieren und mittels vergleichender Analyse Typisierungen vorzunehmen und für weitere vertiefende Auswertungen und Forschungen zunutzbar zu machen. Sie stellt somit die Grundlage für eine längerfristige Betrachtung und Erforschung der spezifischen Altersvorsorge von Pflegekräften wie auch der Frage des Risikos „Altersarmut“ im Allgemeinen dar.

Sofern Sie Interesse an Details der Forschung, den weitergehenden Forschungsfragen oder den gewonnenen Erkenntnissen haben, freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme.

Ansprechperson:

Prof. Dr. Franz Schultheis
Direktor

* Bundesamt für Arbeit (2021). Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

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Group-14@3x

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