Betriebliche Altersversorgung
Betriebsrentenstärkungsgesetz: Das Sozialpartnermodell – Wunsch und Wirklichkeit der neu geschaffenen Beitragszusage
27 April 2022
Das Sozialpartnermodell
Im Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) aus dem Jahr 2017 kommt dem neu geschaffenen Sozialpartnermodell für die betriebliche Altersversorgung (bAV) eine große Bedeutung zu.
Das Sozialpartnermodell soll mittels einer reinen Beitragszusage, welche auch Zielrente genannt wird, insbesondere bisher nicht an bAV-Angeboten für die eigenen Mitarbeiter interessierte Arbeitgeber (AG) erreichen und dazu motivieren, eine bAV für die Mitarbeitenden einzurichten. Eine garantierte Leistung ist dabei nicht vorgesehen und zulässig. Ebenso wenig gibt es eine Einstandspflicht des AG für die Leistung an den Arbeitnehmer (AN). Er hat lediglich einen verpflichtenden AG-Zuschuss von 15% zu leisten, wenn er Sozialversicherungsbeiträge einspart. Darüber hinaus kann der AG auch zusätzliche Sicherungsbeiträge leisten.
Der AN erhält eine sofortige Unverfallbarkeit der Versorgung und hat ein Übertragungsrecht, wenn er den AG wechselt. Aktuell kann er das angesparte Kapital auf eine gleiche Versorgungseinrichtung des neuen AG übertragen, sofern die Ausgestaltung des neuen Versorgungswerkes dies zulässt. Ist dies nicht möglich kann er nach dem Ausscheiden den Vertrag privat weiterführen und besparen.
Auswirkung auf bestehende bAV
Neben den Chancen, die diese neue Form der Beitragszusage verspricht, gilt es aber auch die Herausforderungen zu erkennen und prüfen.
Das Sozialpartnermodell kann eine „Sogwirkung“ auf bereits bestehende betriebliche Versorgungsvereinbarungen haben und den Wunsch nach einer Umstellung (seitens AG und/oder AN) für neue oder auch bestehende Mitarbeitende nach sich ziehen. Eine unterschiedliche Handhabung der bAV, je nach Eintrittsdatum in die Firma, kann dann zu Spannungen führen. Dabei sind auch rechtliche Aspekte eingehend zu prüfen. In welchem Umfang die sogenannte Drei-Stufen-Theorie des Bundesarbeitsgerichts (BAG) – die sich mit der Erlaubnis der Absenkung bzw. Veränderung laufender bAV-Ansprüche durch den Arbeitgeber auseinandersetzt, ist seit dem Inkrafttreten des Sozialpartnermodells häufiger diskutiert worden und hat aktuell durch die lange anhaltende Niedrigzinsphase an Bedeutung gewonnen. Insbesondere der sogenannte „Future-Service“, die beim Abschluss der bAV zum Endzeitpunkt in Aussicht gestellte aber bis zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht erdiente Leistung steht in dieser Diskussion im Fokus.
In der aktuellen Debatte um das Sozialpartnermodell erhalten die Regelungen, wann in bAV-Anwartschaften eingegriffen werden kann, eine neue Dynamik – denn das dreistufige Prüfungsschema gilt nicht bei Tarifverträgen. Das BAG führt in seinem Urteil vom 27. Februar 2007 (Az.: 3 AZR 734/05) aus: „Das vom Senat für die materielle Überprüfung von Eingriffen in Versorgungsanwartschaften entwickelte dreistufige Prüfungsschema ist auf tarifvertragliche Regelungen nicht übertragbar Die eingeschränkte Überprüfung tarifvertraglicher Regelungen rechtfertigt sich daraus, dass die Tarifautonomie – wie dargelegt – durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt ist.“
Martina Ahrendt, Richterin am BAG, hat sich hierzu im Rahmen einer Fachveranstaltung geäußert und in Bezug auf das Drei-Stufen-Schema erklärt: „Das ist auch für uns im BAG nicht einfach.“ In der Praxis sei die Rechtfertigung eines Eingriffs durch tarifvertragliche Regelungen stets individuell und ergebnisorientiert zu beurteilen. „Bei der Berechnung ist es erforderlich, die Ansprüche nach den beiden unterschiedlichen Versorgungsordnungen zu berechnen und einander gegenüberzustellen“, so Ahrendt. Ganz genau und endgültig könne man erst bei Eintritt des Versorgungsfalls entscheiden, welche Versorgungsordnung günstiger ist, „insbesondere bei entgeltbezogenen Versorgungszusagen“. (Quelle haufe.de – externer Link)
Im Rahmen der Beratung beider Tarifparteien haben wir uns selbst bereits mehrfach mit den rechtlichen Rahmenbedingungen bestehender und neuer bAV-Angebote auseinandergesetzt und Tarifparteien bei der Entwicklung von Lösungsmodellen unterstützt.
Ausgestaltung der Sozialpartnermodelle
Neben der rechtlichen Überprüfung der bestehenden Versorgungen kommt der institutionellen Ausgestaltung des neuen Versorgungswerkes eine ebenso große Bedeutung zu.
Auch hier bedarf es einer genauen Überprüfung der möglichen Varianten und der Zusammenarbeit der Tarifvertragsparteien (TVP), denn das neue Modell kann derzeit nur im Rahmen eines Tarifvertrags abgeschlossen werden.
Dass bis dato noch kein Sozialpartnermodell von den TVP umgesetzt wurde, bedeutet nicht, dass diese kein Interesse daran haben, sondern dass diese weitereichenden gesetzlich geschaffenen Rahmenbedingungen mit Bedacht durch die TVP geprüft werden, um mögliche Varianten zu eruieren. Allerdings gibt es derzeit einige Hürden, die eine Zulassung durch die BaFin behindern. Deshalb sollte der Gesetzgeber hier nachbessern, wenn das Modell auf breiter Front erfolgreich sein soll.
In unserer exemplarischen Darstellung zur institutionellen Ausgestaltung des Versorgungswerks werden einige der relevanten Punkte beleuchtet. Gerne zeigen wir Ihnen weitere und detaillierte Einschätzungen und Unterlagen zum aktuellen Stand im Markt. Weitere exemplarische Beispiele und wichtige Aspekte, die in der Umsetzung eines Sozialpartnermodells beachtet werden müssen, können wir Ihnen gerne zur Verfügung stellen.
Wir können Sie bei der möglichen Umsetzung, den Auswirkungen, Verläufen und erforderlichen Maßnahmen, einschließlich des Changeprozesses und der Akzeptanz der bAV individuell in Ihrem Unternehmen gerne begleiten.